1991-Club80-10 Nr.35 S.40-41

Anmerkungen zum Club-Terminal und erste Erfahrungen

Alexander Schmid

Nachdem Helmut noch jede Menge anderer Projekte am laufen und sein Terminal noch nicht ganz fertiggestellt hat, sind Stefan Nitschke und ich bis jetzt leider die einzigen, die in den vollen Genuß dieses Teils kommen (bei dieser Gelegenheit möchte ich Andreas Magnus nochmal herzlich danken, der das Ding auf dem "ausgefallenen" Clubtreffen in stundenlanger Fleißarbeit debuggt hat). Wie schon in einem der letzten Infos passend bemerkt, ist der Aufbau nicht ganz einfach, besser gesagt muß man aufpassen wie ein Schießhund, aber wenn es mal läuft, ist es allererste Sahne und braucht den Vergleich mit kommerziellen Terminals in keinster Weise zu scheuen - Im Gegenteil, ich würde es mit keinem anderen Terminal tauschen, das ich bis jetzt gesehen habe.

Einige der Punkte, die es gegenüber anderen Terminals hervorheben:

Punkt 1: Geschwindigkeit

Helmut hat als Taktfrequenz zwar nur 4 MHz vorgesehen, aber bei mir läuft es ohne Probleme mit 10 MHz und damit bringt es eine maximale Übertragungsrate von knapp 12000 Zeichen (nicht Bit!) pro Sekunde. Mit einem Takt von 12 MHz bin ich zwar schon auf 15000 Zeichen gekommen, aber das wollte ich dem Z80 auf die Dauer nicht zumuten, da ihm dabei etwas sehr warm ums Herz geworden ist.

Zum Vergleich: Bei einer seriellen Übertragung bräuchte man dafür rund 120000 Baud (1 Startbit + 8 Datenbits + 1 Stopbit = 10 Bit Pro Zeichen) und das dürfte man kaum irgendwo finden, 38400 Baud sind meistens das höchste der Gefühle, wenn nicht gar nur 19200 - oder 9600. Wie man im Info nachlesen kann, wird das Hercules-Terminal ja über Ports und somit mit 8 Bit auf einmal betan, daher der Geschwindigkeitsunterschied. Wen es vielleicht wundert, daß die Datenrate nicht noch wesentlich höher ist, dem sei gesagt, daß da die Hercules-Karte ganz gewaltig bremst, weil sie den Z80 zwecks störungsfreier Ausgabe nur während des Zeilenrücklaufs, also, wenn der Elektronenstrahl nicht schreibt, auf den Bildschirm-Speicher zugreifen läßt (Besitzer alter TRASH-80 und Video Genies wissen, was ich meine). Daneben braucht das BIOS natürlich auch seine Zeit, die Zeichen zu verarbeiten und auszugeben.

Punkt 2: Bildschirm und Tastatur

Da das Teil mit einer handelsüblichen Feld-, Wald- und Wiesen Hercules-Karte arbeitet, kann man jeden beliebigen TTL-Monitor anschließen, egal ob grün, orange oder weiß und genauso geht es mit der Tastatur. Die Komponenten sind einzeln austauschbar und man kann das System so zusammenstellen, wie man es gerne hätte. Im Idealfall schmeißt man den PC weg und führt Keyboard und Monitor dem Terminal zu. Austauschtastaturen für Terminals kosten wegen der kleineren Stückzahlen mindestens das Doppelte einer guten PC-Tastatur (300 Mark aufwärts) und der Fernseher liegt bestimmt auch weit jenseits eines Hercules-Monitors, wenn es ihn überhaupt einzeln bzw. als Reparaturteil gibt. Wenn die Hercules selber mal den Geist aufgeben sollte, kommt man mit rund 30 Mark direkt billig weg. Die Freude am Club-Terminal dürfte damit also für lange Zeit gesichert sein.

Die Bildschirmausgabe selber ist über jeden Zweifel erhaben, gestochen scharf und flimmerfrei und die Zeichen haben etwas mehr Körper und sind dadurch angenehmer zu lesen als die übliche Computer-Schrift, die wie bei einigen alten 9-Nadel-Druckern aussieht. Insgesamt stehen 10 Attribute (normal, hell, normal unterstrichen, hell unterstrichen, invers und das alles nochmal blinkend) zur Verfügung, was man auch nur bei den Spitzenmodellen unter den normalen Terminals findet. Zur Textdarstellung kann man aus dem vollen 8-Bit-IBM Zeichensatz mit Semigrafik und allen Sonderzeichen schöpfen, wobei nationale Umcodierungen natürlich untersützt werden.

Punkt 3: Software

Eine fasziniernde Funktion des Hercules-Terminals, die ich so oder ähnlich noch nirgends gesehen habe, ist, daß man ihm vom Host-Rechner ein neues Betriebsprogramm schicken kann. Das Terminal ist ja praktisch ein eigenständiger Einplatinencomputer, den man mehr oder weniger beliebig programmieren kann. Die Software steht vollständig als Sourcecode zur Verfügung und wenn einem etwas nicht paßt, ändert man es und schickt es anschließend zum Terminal. So braucht man nicht den ganzen Rechner zu demontieren und keine EPROMs zu brennen, um kleine Updates ausprobieren oder z.B. die Belegung der Funktionstasten zu ändern.

Natürlich gibt es auch gute Terminalkarten, wie etwa die GRIP von conitec, zu kaufen, aber die sind sauteuer und die Software muß man erstmal disassemblieren, bevor man was daran ändern kann (hoffentlich ist es kein Microcontroller...). Bei den richtigen Terminals ist man sowieso auf das angewiesen, was das Ding von Haus aus kann. Das Club-Terminal kann man für rund 100 Mark aufbauen und damit dürfte es im Preis-/Leistungsverhältnis sehr einsam und verlassen weit an der Spitze stehen. Kostenlos bekommt man auch noch eine hochauflösende Grafik mit 720 x 348 Punkten und je nach Hercules-Karte eine parallele Druckerschnittstelle dazu. Wer für etwas weniger Geld und dafür etwas mehr Arbeit eine professionelle Mensch-Maschine-Schnittstelle sucht, für den ist das Club-Terminal schlichtweg die ideale Lösung.

Was das Terminal am Ende alles kann, ist eigentlich nur durch die Phantasie begrenzt, und davon habt ihr sicherlich eine Menge (und traut Euch nur nicht, die Ideen im Info zu veröffentlichen...). Wenn sich jemand also richtig an der Software mit Assembler, Linker und allem Zubehör, austoben will, die hochauflösende Grafik und der Druckertreiber stehen im Moment noch zur freien Verfügung.

Alexander Schmid